Die Zinswende und die Folgen für den Goldpreis
Hohe Energiekosten, steigende Verbraucherpreise und eine allgemeine Rohstoffverteuerung sind derzeit weltweite Inflationstreiber. In den USA stieg die Teuerungsrate auf 8,5 Prozent. Die Eurozone steht mit 7,4 Prozent nicht viel besser da – der höchste Stand seit 40 Jahren. Nun hat die US-Notenbank Federal Reserve (Fed), als direkter Einflussnehmer der globalen Finanzmärkte, den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte angehoben. Damit will die Fed gegen die hohe Inflation des Landes vorgehen. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) erwägt für den Sommer Zinserhöhungen. Was bedeutet das für die Verbraucher und welche Auswirkungen haben die Maßnahmen auf den Goldpreis und die übrigen Edelmetallkurse?
Verstärkt wird der Inflationsdruck aktuell noch durch den Ukraine-Krieg, der die Preise für Lebensmittel und Energie in die Höhe treibt. Weiterhin sind durch die Null-Covid-Strategie und den harten Corona-Lockdown in China Probleme bei den weltweiten Lieferketten zu erwarten. Experten sehen darin eine Inflationszunahme und ein Schrumpfen oder Stagnieren des Wirtschaftswachstums.
Indes hatte der Goldpreis in Euro zuletzt im März 2022 ein neues Allzeithoch mit 1.880 Euro (Schlusskurs) für eine Feinunze (31,103 Gramm) markiert. In US-Dollar schoss der Wert auf 2.063 USD. Insbesondere die steigenden Ölpreise lösten unter Investoren eine berechtigte Inflationsangst aus. Dagegen verlaufen die Aktienkurse seither rückläufig. Anleger setzen in Krisenzeiten verstärkt auf Sachwerte wie Edelmetalle und scheuen das Risiko klassischer Wertpapiere.
Goldpreis Chart - Gold-Spotkurs
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Was bewirken die steigenden Zinsen?
Bei einer Anhebung des Zinsniveaus werden Kredite teurer. Das betrifft in erster Linie Immobilienfinanzierungen, aber auch klassische Verbraucherkredite. Dadurch konsumieren Verbraucher weniger und halten sich mit Investitionen zurück. Unternehmen könnten weniger Arbeitsplätze schaffen oder reduzieren ihre Belegschaft, um überhaupt noch investieren zu können. Dadurch könnte die Konjunktur ausgebremst werden.
Die Zinswende bewirkt außerdem, dass der US-Dollar teurer wird. Ebenso verteuern sich Rohstoffe und Güter, die in der US-Währung gehandelt werden, wie zum Beispiel Öl oder Edelmetalle. Staaten, die in Dollar investiert haben, könnten sich weiter verschulden, da höhere Zinsen die Haushalte zusätzlich belasten.
Worin bestehen die Gefahren einer Niedrigzinspolitik?
Dagegen können günstige Kredite die Konjunktur positiv beeinflussen. Doch gerade weil Geld billig zu haben ist, nimmt die weltweite Verschuldung zu. In der Folge steigt die Inflation und Sparer verlieren nach und nach ihr gehortetes Vermögen. Überdies nimmt die Gefahr einer Blasenbildung im Finanz- und Immobiliensektor zu. Diese können schnell platzen, wenn die Kosten für Kredite steigen.
Welche Bedeutung hat die US-Zinswende für die Eurozone?
Ein Anstieg der Zinsen in den USA bewirkt eine zunehmende Attraktivität von Geldanlagen in US-Dollar. Dadurch könnten die Kapitalströme zwischen den USA und der Eurozone neu definiert werden. Anleger investieren naturgemäß in solche Produkte, die möglichst viel Rendite versprechen. Experten sind sicher, dass sich dadurch der Euro-Dollar-Kurs verändern wird. Um gleichzuziehen, muss die EZB also ebenfalls den Leitzins erhöhen. Jedoch hätte ein schwacher Euro auch Vorteile gegenüber einem stärkeren Dollar, wenn es um den Warenexport in die USA geht. Dies unterstützt ebenfalls den Goldpreis in Euro.
Die Zentralbanken kaufen und verkaufen Gold
Laut dem Heraeus Edelmetall-Bulletin von Mai 2022 waren es insbesondere die Zentralbanken, die im Monat März Gold verkauften. Insgesamt fielen die globalen Reserven um etwa vier Tonnen. Um gleich zwölf Tonnen reduzierte zum Beispiel Kasachstan seine Bestände. Dagegen kaufte die Türkei fünf Tonnen Gold hinzu. Zu erwarten ist, dass die Goldkäufe der Zentralbanken in diesem Jahr deutlich geringer ausfallen als 2021 mit insgesamt 421 Tonnen. Die Menge beinhaltet allerdings einige größere, aber einmalige Goldeinkäufe.
Nach der Fed-Ankündigung der Zinserhöhung um 50 Basispunkte zog der Goldpreis zunächst nach oben, verlor im Laufe der Woche jedoch wieder etwas. Wenn es der USA nicht gelingt, die hohe Inflation zu drücken, könnte Gold seinen Höhenflug fortsetzen, der im Februar mit Ausbruch des Ukraine-Kriegs begonnen hatte.
Der Silberpreis wird durch die Corona-Maßnahmen in China beeinflusst
Die Entwicklung des Silberpreises hinkt dem Goldkurs mit Ausnahme eines kurzen Zwischenhochs hinterher. Die Gold-Silber-Ratio stieg daraufhin auf einen Wert von über 80. Die Kennzahl vergleicht das Preisverhältnis von Silber zu Gold. Dadurch lässt sich ablesen, wie viele Unzen Silber dem Wert einer Goldunze entsprechen. Je höher die Zahl, desto günstiger ist der Preis für eine Silberunze.
Silberpreis Chart - Silber-Spotkurs
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Hauptursache dafür dürfte der Produktionseinbruch in China durch die harten Corona-Maßnahmen sein. Mit rund 3.730 Tonnen ist China weltweit der größte industrielle Silberabnehmer. Das Land ruft in normalen Zeiten fast ein Viertel der globalen Silbernachfrage ab, die in der Hauptsache in die Sektoren Photovoltaik und Unterhaltungselektronik fließen. Die Heraeus-Analysten gehen daher davon aus, dass China die Exporte weiter bremsen wird. Bereits jetzt stauen sich in der weltgrößten Hafenanlage von Shanghai Hunderte Containerschiffe, die auf ihre Abfertigung warten. Nach Einschätzung von Logistikexperten dürften es noch Monate dauern, bis sich die Lage entspannt. Daraus würden gravierende Folgen für die weltweiten Lieferketten entstehen.
Fazit: Bleibt der Goldpreis in Euro auf hohem Niveau?
Die neue Zinspolitik der Fed sorgt für einen leichten Gegenwind bei der Goldpreisentwicklung. Sollte jedoch die Inflation weiter steigen, erhält das Edelmetall wieder neuen Aufwind. Eine Anhebung des US-Leitzins auf 0,75 Prozentpunkte ist allerdings immer noch möglich. Derzeit liegt die Zinsobergrenze dort bei einem Prozent. Die Europäische Zentralbank wird erst mit verspäteten Zinserhöhungen reagieren, sodass sich der Goldpreis in Euro noch eine ganze Weile auf einem hohen Niveau bewegen dürfte.
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