Hohe Inflation als Treiber für den Goldpreis
Rückblickend auf den Januar betrachtet hatte der Goldpreis einen erfolgreichen Start ins noch junge Jahr 2023. Innerhalb der ersten vier Wochen stieg der Kurs um 3,5 Prozentpunkte an. Damit setzt Gold seinen Aufwärtsmodus der letzten Jahre fort. Erst im März 2022 erreichte das wertdichte Edelmetall ein neues Allzeithoch in Euro auf Schlusskursbasis sowie im Tagesverlauf (1.880,75 bzw. 1.902,03 Euro). Jetzt hat der World Gold Council seinen Jahresbericht für 2022 veröffentlicht. Aus diesem geht hervor, dass die jährliche Goldnachfrage um 18 Prozent auf 4.741 Tonnen angestiegen war – das entspricht einem neuen Elfjahreshoch.
Allein im vierten Quartal betrug die weltweite Goldnachfrage dem Bericht zufolge 1.337 Tonnen. Verantwortlich dafür zeichnen verstärkte Käufe der Zentralbanken, deren Goldhunger 2022 um satte 152 Prozent (417 t) gegenüber dem Vorjahr auf 1.136 Tonnen angewachsen ist. Insbesondere die Türkei mit allein 148 Tonnen, der Nahe Osten, Indien und China kauften große Mengen. Unterstützt wurde der Anstieg durch die hohe Nachfrage von Privatanlegern bei Goldbarren und Goldmünzen, die um 2 Prozent auf 1.218 Tonnen anwuchs.
Gleichzeitig verzeichnete der Verbrauch aus der Schmuckindustrie einen leichten Rückgang von 3 Prozent (2.190 t.) Ebenso ging die Goldnachfrage im Technologiesektor um 7 Hundertstel (309 t) zurück. Goldpapiere (ETFs) drehten sogar das zweite Jahr in Folge ins Minus (-110 t). Über alles gesehen stieg das jährliche Gesamtangebot an Gold im vergangenen Jahr um 2 Prozent auf 4.755 Tonnen. Gleichzeitig nahm die Minenproduktion um ein neues Vierjahreshoch von 3.612 Tonnen zu. Der World Gold Council (WGC) ist die Lobbyorganisation der Goldminenindustrie mit Sitz in London. Alljährlich veröffentlich die Organisation ihren Report »Gold Demand Trends Full Year«.
Goldpreis Chart - Gold-Spotkurs
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Gold bietet Sicherheit vor Kaufkraftverlust
Aufgrund der lebhaften Barren- und Münzennachfrage sowie einer Verlangsamung der ETF-Nettoverkäufe stiegen die jährlichen Gesamtinvestitionen der Anleger um 10 Prozent oder 1.107 Tonnen. Damit konnten sich die unterschiedlichen Nachfrage- und Angebotsquellen von Gold nahezu ausgleichen.
Beflügelt wurden die Goldinvestitionen insbesondere durch die hohen Inflationsraten der westlichen Märkte. Daraus resultierten teils aggressive Zinserhöhungen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) und ein Anstieg des US-Dollars. Laut WGC erkannten die Investoren, dass Gold Sicherheit vor Inflation bietet und konzentrierten sich auf Barren und Münzen. Im gleichen Zug reduzierten sie ihre Bestände an Goldfonds. Eine besonders starke zweite Jahreshälfte 2022 sorgte dafür, dass an zwei aufeinanderfolgenden Quartalen eine Nachfrage von 340 Tonnen Gold erreicht wurde.
In Deutschland hatten die hohe Inflation, Rezessionssorgen und der Ukraine-Krieg für zunehmende Goldkäufe gesorgt. Das traf ebenfalls auf Teile Osteuropas zu, insbesondere Polen. Insgesamt kauften die USA und Europa 427 Tonnen Gold, so viel, wie zuletzt 2011.
Was bewirken die Entscheidungen der Zentralbanken?
Zwar bewegt sich Gold aktuell noch auf sehr hohem Niveau, doch sehen Finanzexperten bereits in naher Zukunft eine Korrektur des Goldpreises. Für Anfang Februar 2023 werden die Entscheidungen der Zentralbanken erwartet. Die Erhöhung der Leitzinsen hat sich allgemein als probates Mittel gegen hohe Inflationswerte erwiesen. So ist davon auszugehen, dass die Fed einen weiteren Zinsschritt von 25 Basispunkten verkünden wird. Weiterhin haben die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of England (BoE) Zinserhöhungen angekündigt. Diese könnten jeweils um 0,5 Prozentpunkte ausfallen.
Die Maßnahme der Notenbanken vermag die Weltinflation zu drücken und die Lage der Wirtschaft allgemein zu verbessern. Auch die Aktienmärkte profitieren in der Regel mit steigenden Kursen. Für den Goldpreis ist ein anziehender Leitzins jedoch üblicherweise mit einer Abwärtsbewegung verbunden.
Warum beeinflusst die Zinsentwicklung den Preis von Gold?
Die Goldpreisentwicklung wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Neben wirtschaftlichen Krisen, wie dem Finanz-Crash 2008 oder der Corona-Pandemie ab 2020 spielen ebenfalls geopolitische Ereignisse wie der Ukraine-Krieg entscheidende Rollen. Ebenso bestimmt das Geschehen am Aktienmarkt über den Wert des Edelmetalls. Nicht zuletzt trägt die Inflation einen gewichtigen Anteil, denn physisches Gold eignet sich zur Vermögenssicherung – idealerweise in Kombination mit anderen Kapitalanlagen und damit zur Risikominimierung.
Sind die Zinsen hoch, können Anleger Gewinne aus ihren Wertpapieren, Anleihen, Fonds oder Zertifikaten schöpfen. Investoren konzentrieren sich in diesen Phasen mehr auf Risikogeschäfte, die regelmäßige Anteile ausschütten. Edelmetalle werfen hingegen keine Zinsen ab. Sind Aktien und Co. hoch im Kurs, sinkt meist die Goldnachfrage und damit auch der Preis. Im Umkehrschluss führen sinkende Zinsen häufig dazu, dass der Goldpreis steigt, weil aus dem Sicherheitsempfinden verstärkt Edelmetall gekauft wird.
Doch keine Regel ohne Ausnahme. Zuweilen kann Gold auch bei steigenden Zinsen Aufwind bekommen: Zum Beispiel sorgte ein fallender Dollarkurs 2017 für eine große Nachfrage bei Privatanlegern. Der Preis für eine Feinunze Gold (31,103 Gramm) wird an den internationalen Börsen zunächst in US-Dollar ausgehandelt und dann in die jeweiligen Landeswährungen umgerechnet. Der schwache Dollar hatte seinerzeit zur Folge, dass der Goldkauf für europäische Investoren besonders interessant wurde.
Lassen sich auch mit Gold Gewinne erzielen?
Ein Blick auf die Goldpreisentwicklung der letzten zehn Jahre macht deutlich, dass Gold langfristig gesehen eine gute Investition darstellt. Besaß die Feinunze 2013 noch einen Wert von 1.200 Euro, so war der Preis bis zum Jahresende 2022 um 500 Euro gestiegen. Dadurch ergibt sich eine Wertsteigerung von knapp 30 Prozent. Über die Jahre hinweg ergaben sich teilweise erhebliche Kursschwankungen mit einigen Tiefpunkten, jedoch ab 2019 auch ein deutlicher Aufwärtstrend. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich Gold immer wieder erholt.
Wer mit seinem Anlagegold also Gewinne erzielen möchte, muss die Kursentwicklung stets im Auge behalten und sollte bei einer rückläufigen Entwicklung nicht zu Panikverkäufen neigen. Das führt zu Verlustgeschäften. Niedrige Preise stellen vielmehr eine gute Gelegenheit dar, günstig in Goldmünzen oder Goldbarren zu investieren. Bei steigenden Kursen lassen sich diese dann mit Zuwachs wieder verkaufen. Und nach einer einjährigen Haltedauer bleiben Gewinne aus Edelmetallverkäufen steuerfrei.
Fazit: Bleibt Gold weiter bullisch?
Auch wenn Experten davon ausgehen, dass der Goldpreis nach der aktuellen Zinserhöhung der Zentralbanken im Wert verlieren wird, sehen sie im Jahresverlauf erneut Chancen auf eine bullische, also positive Entwicklung. Denn das Tempo der Zinsanhebungen dürfte nun nachlassen.
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