Schwedische Forscher erschaffen hauchdünne Goldschicht
Dass Gold auch in besonders dünner Form vorkommen kann, ist hinlänglich bekannt. Als traditionelles Handwerk des Vergoldens von Gegenständen aller Art wird es seit dem dritten Jahrtausend v. Chr. angewendet. Dabei kommt Blattgold, auch Blattschaum genannt, zum Einsatz. Die dünnen Folien bestehen aus reinem Gold oder hochkarätigen Goldlegierungen. Mit Blattgold verzierte Objekte erwecken den Anschein, als waren sie aus massivem Gold gefertigt. Dabei ist die Goldschicht in Wirklichkeit nur etwa 100 bis 330 Nanometer dick. Die Goldblätter entstehen in einem aufwendigen Walz- und Hammerprozess. Jetzt ist es Forschenden der schwedischen Universität Linköping gelungen, eine noch dünnere Goldfolie herzustellen, die nur eine einzige Atomschicht dick ist. Das schafft revolutionäre Möglichkeiten, denn das ultradünne Goldmaterial könnte zum neuen Meilenstein in der Umwelttechnologie werden.
Bereits seit langer Zeit versuchen Wissenschaftler immer wieder, atomdicke Goldschichten herzustellen. Doch die Versuche der Vergangenheit scheiterten immer an der Tendenz des Metalls, sich zu verklumpen. Die Linköping-Forscher Lars Hultman und Shun Kashiwaya haben sich bei Ihrem Versuch einer über einhundert Jahre alten Methode der japanischen Schmiedetechnik bedient. “Wenn man ein Material extrem dünn macht, passiert etwas Außergewöhnliches – wie bei Graphen-Molekülen”, erklärt Shun Kashiwaya, Forscher in der Abteilung für Materialdesign. “Das Gleiche passiert mit Gold. Wie Sie wissen, ist Gold normalerweise ein Metall, aber wenn es nur eine Atomschicht dick ist, kann das Gold stattdessen zu einem Halbleiter werden.”
Als Basis diente 3D-Grundmaterial
Um das dünne Gold herzustellen, verwendete das Forscherteam ein dreidimensionales Grundmaterial. Dabei ist das Gold zwischen zwei Schichten aus Titan und Kohlenstoff eingebettet. Tatsächlich war dieses Grundmaterial ursprünglich für ganz andere Anwendungen entwickelt worden. Laut Lars Hultman, Professor für Dünnschichtphysik an der Universität Linköping, beruht der Erfolg teilweise auf einem Zufall.
“Wir begannen mit einer elektrisch leitfähigen Keramik namens Titan-Siliziumkarbid, bei der Silizium in dünnen Schichten vorliegt“, erklärt der Wissenschaftler. Die Idee hätte darin bestanden, das Material mit Gold zu beschichten, um einen Kontakt herzustellen.”Doch als wir das Bauteil hohen Temperaturen aussetzten, wurde die Siliziumschicht im Grundmaterial durch Gold ersetzt." In der Wissenschaft wird dieses Phänomen Interkalation genannt, bei dem Titan-Goldkarbid entsteht. Doch wie kann das Gold schließlich abgeblättert oder ausgewaschen werden, um es anderweitig zu verwenden?
Mithilfe alter japanischer Schmiedekunst zum Ziel
»Murakamis-Reagenz« heißt die japanische Schmiedekunst, die seit über 100 Jahren erfolgreich angewendet wird, um Kohlenstoffrückstände wegzuätzen. Dadurch kann zum Beispiel die Farbe von Stahl bei der Messerherstellung verändert werden. Es war den Forschenden jedoch nicht möglich, die gleiche Rezeptur zu verwenden. In zahlreichen Versuchen und über viele Monate hinweg veränderte Shun Kashiwaya die Konzentrationen der Murakamis-Reagenz. Die Schwierigkeit bestand darin, den Ätzprozess in Dunkelheit auszuführen, da unter Lichteinwirkung Cyanid entsteht, welches das Gold auflöst. Doch bei der richtigen Rezeptur entstanden hochfeine Goldfolien.
Im letzten Schritt mussten die Goldbleche stabil gemacht werden. Um ein Aufrollen der freigelegten zweidimensionalen Folien zu verhindern, wurde ein spezielles Tensid zugesetzt, das die Schichten trennt und stabilisiert. “Die goldenen Blätter schwimmen in einer Lösung, etwa wie Cornflakes in Milch”, erläutert Kashiwaya. Mit einem hochfeinen "Sieb“ können die Wissenschaftler nun das Gold aus der Flüssigkeit sammeln, um seine Stärke mit einem Elektronenmikroskop zu untersuchen. Einen Namen haben sie für das neue atomdicke Gold auch bereits: Es wird »Golden« heißen (sprich: goldeen).
Zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten für »Golden«
Ersten Messungen zufolge waren die zweidimensionalen Goldlagen im Gegensatz zu massivem Gold fähig, einen Halbleiter zu bilden. Die besonderen Eigenschaften von Goldatomen ermöglichen zahlreiche zukünftige Anwendungen wie die Umwandlung von Kohlendioxid (CO2), die Katalyse zur Wasserstofferzeugung, die Wasserreinigung oder die selektive Produktion von Mehrwertchemikalien. Weiterhin lässt sich die Menge an Gold, die heutzutage in den diversen Anwendungen zum Einsatz kommt, erheblich reduzieren. Verwendet wird es vielseitig in der Elektronik oder der Medizintechnik. Denn Gold ist in der Lage, Strahlungen zu schlucken und kann als universeller Katalysator dienen.
Goldlegierungen werden aufgrund ihrer allgemein sehr guten Verträglichkeit und Korrosionsbeständigkeit vielseitig in der Dentalindustrie eingesetzt. Weiterhin sind die Beschichtungen in Herzschrittmachern und Defibrillatoren zu finden. Zudem gelten Gold und andere Edelmetalle als unverzichtbare Helfer in der Aneurysmenbehandlung. Sie zeichnen sich zudem als hervorragende Antitumorwirkstoffe aus.
Aufgrund seiner hohen elektrischen Leitfähigkeit wird Gold in der Elektrotechnik bei der Herstellung von elektrischen Kontakten und Leiterbahnen verwendet. Es ermöglicht die zuverlässige Signalübertragung und widersteht gleichzeitig der Korrosion. Eingesetzt wird Gold zudem in der Telekommunikation, in der Halbleiterindustrie sowie bei der Herstellung von Displays. In Flachbildschirmen etwa, sorgt das Edelmetall für eine erhöhte Stabilität der elektronischen Komponenten, sodass Bildqualität und Haltbarkeit gesteigert werden können.
Forschungshintergrund
Veröffentlicht wurde die wissenschaftliche Arbeit in dem Artikel »Synthese von Gold aus Einzelatomschichtgold« am 16. April 2024. Die wissenschaftlichen Autoren sind: Shun Kashiwaya, Yuchen Shi, Jun Lu, Davide G. Sangiovanni, Grzegorz Greczynski, Martin Magnuson, Mike Andersson, Johanna Rosen und Lars Hultman.
Fazit: Lassen sich neben Gold auch andere Edelmetalle reduzieren?
Erstmals ist es Wissenschaftlern gelungen, eine stabile Goldschicht in der Stärke eines einzelnen Atoms herzustellen. Die Größe entspricht 0,1 bis 0,5 Nanometer. Um dies zweifelsfrei zu messen, ist allerdings ein Elektronenmikroskop erforderlich. Die Forschungsgruppe der Universität Linköping hat nun die Aufgabe zu untersuchen, ob diese Methode auch bei anderen Edelmetallen angewendet werden kann, um atomdicke Schichten zu erhalten.
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