Silber auf Erholungskurs dank hoher Nachfrage

Aktuell steigt der Silberpreis wieder und befindet sich in einer Erholungsphase. Trotz Wegfall des Steuervorteils kaufen Anleger weiter Silbermünzen. Auch darüber hinaus ist die Nachfrage nach dem weißen Edelmetall hoch und die Silberbestände schrumpfen.
Silber auf Erholungskurs dank hoher Nachfrage

In den vergangenen Monaten des Jahres 2022 hat der Silberpreis eine wahre Achterbahnfahrt hingelegt, sodass Anleger permanent in Atem gehalten wurden. Mit Beginn des Ukraine-Kriegs im Frühjahr gewann der Kurs deutlich und erreichte ein bisheriges Jahreshoch von 24,73 Euro für eine Feinunze (31,103 Gramm). Der September markierte hingegen den Tiefpunkt mit bis dato 17,59 Euro. Seither setzte eine Erholungsphase ein mit Werten, die wieder die 21-Euro-Marke überschritten. Auslöser dafür war unter anderem die Abschaffung der Differenzbesteuerung auf Silbermünzen in Deutschland. Das sorgte unter Investoren und Edelmetallhändlern für eine große Verunsicherung und minderte vorübergehend die Nachfrage.

Drohen den Händlern Steuernachzahlungen für 8 Jahre?

Lange Zeit stand neben den zu erwartenden Umsatzeinbußen für die Händler noch das Damoklesschwert von Steuernachzahlungen im Raum. Weshalb viele Anbieter im Herbst sicherheitshalber ihre kompletten Silberbestände zum regulären Umsatzsteuersatz von 19 Prozent anboten. Hintergrund der Differenzbesteuerung war, dass Silbermünzen und Silbermünzbarren, die aus Drittstaaten eingeführt worden waren, zum ermäßigten Steuersatz angeboten werden konnten. Dadurch war es möglich, bis zu 12 Prozent der Mehrwertsteuer (MwSt.) beim Kauf einzusparen. Eine Gesetzesanpassung durch das Bundesfinanzministerium (BMF) beendete jedoch diesen Steuervorteil im September 2022. Zudem hieß es in der Bekanntmachung, dass die verschärfte Regelung nunmehr “auf alle offenen Fälle” anzuwenden sei. Daher befürchteten Steuerexperten hohe Nachzahlungen in Millionenhöhe für die Händler. Der MwSt.-Satz von 19 Prozent auf Anlagesilber gilt in Deutschland seit 2014.

Doch die deutschen Edelmetallhändler dürfen hoffen, denn der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler hatte hierzu im Oktober eine Anfrage an das BMF gesendet. In einer ersten Reaktion der parlamentarischen Staatssekretärin Katja Hessel auf den Antrag kündigt das BMF an, eine “Nichtbeanstandungsregelung” mit den Bundesländern abzustimmen zu wollen. Es soll erreicht werden, dass die Händler nicht rückwirkend mit höheren Umsatzsteuern belasten werden – so berichtete es zuerst Welt.de.

Da von offizieller Seite weiterhin keine Übergangsfrist definiert ist, verkaufen aktuell viele Händler nach wie vor ihre noch zum ermäßigten Steuersatz eingekaufte Ware aus den Nicht-EU-Ländern mit Differenzbesteuerung. Das nutzten wiederum in den vergangenen Wochen viele Anleger aus, um noch günstig Silber zu kaufen, was den Silberpreis zusätzlich befeuerte.

Silberpreis Chart - Silber-Spotkurs

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Hohe Preisdifferenzen bei Silber

Die Verwirrung auf Händlerseite und die unterschiedliche Herangehensweise der Mehrwertsteuerberechnung löste im Oktober und November 2022 zum Teil hohe Preisdifferenzen bei identischen Silberprodukten aus. Ebenso stiegen die Aufgelder deutlich an. So ergaben sich bei den beliebten Bullionmünzen Maple Leaf oder Australian Känguru Aufpreise von 30 bis 37 Prozent auf den aktuellen Silberkurs.

Trotz der gestiegenen Aufgelder und der allgemeinen Verunsicherung zieht derzeit die Nachfrage nach Silbermünzen wieder merklich an, wie Edelmetallhändler in unterschiedlichen Onlinemedien bestätigen. Demnach blieb der befürchtete Nachfragerückgang von rund 50 Prozent aus. Stattdessen rechnen Händler nunmehr damit, dass sich die Nachfrage bis zum Ende des Jahres wieder normalisiert und dann auf dem gleichen Niveau sein wird, wie vor der Neuregelung der Differenzbesteuerung.

LBMA meldet den niedrigster Silberbestand seit 2016

Zwar handelt es sich bei Silber in erster Linie um ein Industriemetall, dennoch haben die Käufe der Anleger ebenfalls einen Anteil an dem derzeit ansteigenden Edelmetallpreis. Aber auch weltweit ist die Nachfrage nach Silber groß. So kaufte etwa Indien in den letzten Monaten beträchtliche Mengen des weißen Edelmetalls ein. Allein im September war es laut LBMA eine Rekordmenge von 1.700 Tonnen. Insgesamt rief der südasiatische Staat in diesem Jahr bereits mehr als 7.000 Tonnen Silber ab, das aufgrund der Dringlichkeit sogar mit dem Flugzeug, statt per günstigerer Seefracht transportiert werden musste.

Die London Bullion Market Association (LBMA) gab in ihrem Monatsbericht für Oktober bekannt, dass die Silberbestände in den Londoner Tresoren um 2,2 Prozent gegenüber dem Vormonat auf 26.502 Tonnen geschrumpft sind. Diese Menge entspricht etwa 883.417 Silberbarren zu einem Wert von 16,3 Millionen US-Dollar. Dies sei der niedrigste Silberbestand seit Beginn des Reportings in 2016, so die LBMA. Laut Philip Newman von Metals Focus spiegelt der Abfluss die anhaltend starke Nachfrage nach Münzen und Barren wider. “Dies stellen wir insbesondere auf den wichtigen Märkten in den USA und Deutschland fest.” Das unabhängige Edelmetallforschungsunternehmen fertigt Statistiken, Analysen und Prognosen für den globalen Edelmetallmarkt an. Die LBMA gehört zu den Auftraggebern.

Der Terminmarkt verhindert einen höheren Silberpreis

Der Silberpreis steht jedoch nicht nur in Abhängigkeit von der Nachfrage nach physischem Silber. Er wird sogar im Wesentlichen durch den Terminmarkt bestimmt. Hierbei geht es um Papiersilber, sogenannte Futures oder Silberkontrakte. Diese werden an internationalen Märkten, wie zum Beispiel der Comex-Börse gehandelt. Die Commondities Exchange zählt zu den weltgrößten Optionsbörsen. Dabei sind die Kontrakte tatsächlich mit physischem Silber hinterlegt, meist jedoch mit großen Silberbarren zu 400 Unzen. Für Investoren sind diese Einheiten aber eher uninteressant, daher lassen sie sich das Edelmetall zum Kontraktende seltener ausliefern, sondern wandeln die ausgelaufenen Verträge stattdessen in neue Futures um. Dadurch werden in der Regel deutlich mehr Silber-Futures als physisches Silber gehandelt.

Auf dem Papier besteht daher immer noch ein Silberüberschuss, der den Kurs bestimmt. Experten sind der Ansicht, dass der physische Markt erst dann die Oberhand gewinnen kann, wenn eine echte Knappheit bei Silber vorliegt. Der gleiche Effekt ließe sich erzielen, wenn die körperhafte Auslieferung zum Ende der Terminkontrakte verpflichtend wäre. Damit würden jedoch die Attraktivität und der große Vorteil von Silber-Futures verloren gehen.

Fazit: Ist die Trendwende bei Silber von Dauer?

Zum Glück für Edelmetallhändler blieb der erwartete Einbruch bei der Nachfrage von Silbermünzen bislang aus. Auch scheint es, als müssten die Händler, die seit 2014 von der Differenzbesteuerung gebrauch gemacht hatten, keine horrenden Steuernachzahlungen befürchten. Solange der Vorrat aus den Drittländern reicht, können Investoren in den nächsten Wochen noch von der Steuerersparnis profitieren und günstig Silber kaufen. Aber auch danach behält das weiße Edelmetall seine Attraktivität als Anlageprodukt. Ob die Trendwende beim Silberpreis anhalten wird, werden die nächsten Monate zeigen. Doch erfahrene Silberanleger sind ja bereits mit den Preisschwankungen des Weißmetalls vertraut.

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